Strategie

Hamsterkäufe in der Corona-Krise

In Zeiten der Corona-Pandemie boomen die sogenannten Hamsterkäufe. Ich erkläre anhand von zwei psychologischen Mechanismen, warum die Menschen zu diesem Kaufverhalten tendieren. Zudem gebe ich eine Einschätzung ab, ob Werbung auch in dieser Situation sinnvoll ist.

Das Corona-Virus legt seit ungefähr einem Jahr weite Teile des öffentlichen Lebens lahm. Anfangs 2020 machten Meldungen über leergeräumte Einkaufsregale in Supermärkten die Runde. Wer Mehl, Hefe, Seife oder Toilettenpapier einkaufen wollte, fand leere Regale vor. Dies, obwohl klar kommuniziert wurde, dass es keine Engpässe geben wird und Supermärkte auch bei einem Lockdown geöffnet sind.

Warum kommt es trotzdem zu Hamsterkäufen? Zwei psychologische Prinzipien können dieses Kaufverhalten gut erklären.

Das Prinzip der Knappheit

Auf die Menschen haben knappe Güter eine magische Anziehungskraft. Dabei ist es völlig irrelevant, ob ein Gut tatsächlich knapp ist. Der reine Glaube, dass etwas knapp ist, reicht bereits aus, dieses Gut unbedingt zu wollen. Viele Firmen haben dieses Prinzip längst erkannt. Coca-Cola bringt beispielsweise regelmässig limitierte Editionen auf den Markt, die nur kurze Zeit verfügbar sind. Das gleiche Prinzip wendet McDonalds an, wenn ein Burger nur für wenige Wochen angeboten wird.

Bereits in den 1970er Jahren wurde in einer viel beachteten Untersuchung getestet, ob das Prinzip der Knappheit tatsächlich die Attraktivität eines Produkts steigert (Worchel, Lee & Adewole, 1975). In dieser Studie erhielten Proband*innen mehrere Kekse. Danach sollten sie angeben, wie gerne sie die Kekse essen würden. Die Forschenden variierten dabei die Knappheit der Kekse, indem die Teilnehmenden entweder eine grosse Anzahl (10 Kekse) oder eine kleine Anzahl (2 Kekse) erhielten. Proband*innen, die wenige Kekse erhielten, hatten ein stärkeres Verlangen nach den Keksen als Proband*innen, die viele Kekse erhielten. Dieser Effekt war noch stärker ausgeprägt, wenn die Forschenden den Versuchspersonen mitteilten, dass sie nur zwei Kekse erhielten, weil andere Proband*innen bereits zu viele Kekse gegessen hätten. Das Verlangen nach einem knappen Produkt ist also vor allem dann stark ausgeprägt, wenn sich die Knappheit durch erhöhte Nachfrage erklären lässt. 

Wenn Konsument*innen also zu Zeiten der Corona-Virus-Krise vor Regalen mit wenigen Produkten stehen, dann steigt die Anziehungskraft der entsprechenden Produkte. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn Konsument*innen (z.B. aufgrund medialer Berichterstattungen) den Schluss ziehen, dass die Knappheit nachfragebedingt zustande kommt.

Das Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiungen

1973 hatte Johnny Carson, der damalige Moderator der Tonight Show, in den USA aus reinem Spass Hamsterkäufe von Toilettenpapier ausgelöst. Während einer Sendung hatte Carson aus Scherz gesagt, dass es eine nationale Knappheit an Toilettenpapier geben würde. Dies führte dazu, dass landesweit die Supermärkte gestürmt wurden und massenweise Toilettenpapier gekauft wurde. Eine Knappheit war in Wirklichkeit nicht zu befürchten, aber der Massenkauf hatte eine solche geschaffen. Die falsche Erwartung eines bevorstehenden Mangels veranlasste die Menschen aber zu dieser Reaktionen.

Dieses Toilettenpapierbeispiel veranschaulicht das Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung. Sobald wir ein bestimmtes Verhalten oder Ergebnis erwarten, neigen wir dazu, uns dieser Erwartung entsprechend zu verhalten. Als Folge davon tritt dieses Verhalten oder Ergebnis auch wirklich ein.

In einem Experiment zu selbsterfüllenden Prophezeiungen (Rosenthal & Jacobsen, 1968) nahmen Schüler*innen aus 18 Klassen teil. Zu Beginn des Schuljahres gaben Forscher*innen den Lehrkräften erfundene und falsche Informationen über deren Schüler*innen. Während über die eine Hälfte der Schüler*innen berichtet wurde, dass sie ein hohes intellektuelles Potential hätten, wurde über die andere Hälfte angegeben, dass sie ein geringes intellektuelles Potential hätten. Am Ende des Schuljahres wurde der IQ der Schüler*innen gemessen. Jene Schüler*innen, denen ein hohes intellektuelles Potential zugesprochen wurde, hatten am Ende des Schuljahres einen höheren IQ als die restlichen Schüler*innen. Dieser Befund lässt sich mit dem Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiungen hervorragend erklären: Die Erwartungen der Lehrer*innen, welche auf falschen und erfundenen Informationen beruhten, wurden Realität, weil sie jene Schüler*innen stärker förderten, von denen sie ein hohes intellektuelles Potential erwarteten.

Bei den aktuell beobachteten Hamsterkäufen zeigt sich ein ähnliches Muster. Konsument*innen erwarten fälschlicherweise, dass gewisse Produkte knapp sind. Aufgrund des Prinzips der Knappheit steigt das Verlangen, die entsprechende Produkte zu kaufen. In der Folge werden diese Produkte tatsächlich knapp. Die falsche Erwartung wird erfüllt, wodurch sich der Irrglaube verfestigt und der Wunsch, die entsprechenden Produkte zu kaufen, noch weiter gesteigert wird.

Sollten Detailhändler in dieser Situation überhaupt noch Werbung schalten?

Die Media Focus Zahlen aus dem Jahr 2020 bestätigen, dass der Detailhandel im Vergleich zum Vorjahr 2019 den Umsatz deutlich gesteigert hat (+9.5%). Die erwähnten Hamsterkäufe haben bestimmt auch zu dieser Umsatzsteigerung beigetragen. Sie sind also für den Detailhandel nicht nur schlecht. Die Schaltung von passender Werbung ist in dieser Situation jedoch umso anspruchsvoller. Ein Detailhändler möchte einerseits nicht unbedingt als Profiteur in einer solchen Krisensituation, wie einer Pandemie, dastehen. Andererseits ist die mediale Verbreitung von Bildern mit leeren Regalen in Supermärkten auch nicht im Interesse des Detailhandels. Solche Bilder verbreiten sich jedoch durch die sozialen Medien viel schneller als früher.

Der Detailhandel kann einem solchen eher negativen Bild entgegenwirken und auf eine Werbebotschaft setzen, die aufzeigt, dass die angebotenen Produkte verfügbar sind.

Wenn Menschen also gemäss dem Prinzip der Knappheit und dem Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung handeln, dann ist bei Unternehmen Feingefühl und Kreativität gefragt. Werbung ist aber auch weiterhin sinnvoll, einfach mit passenden Botschaften.

Ein gutes Beispiel dafür ist ein gemeinsames Zeitungsinserat von bekannten Detailhändlern, die gemeinsam zum Stopp von Hamsterkäufen aufrufen.

Warum wurde in diesem Fall das Medium «Print» gewählt? Das Medienqualitätsrating 2020 zeigt, dass es in der Kategorie «Tages- und Onlinezeitungen» sowie «Sonntagszeitung und Magazine» viele Angebote gibt, die eine hohe Berichterstattungsqualität haben und deren Inhalte vom Publikum als qualitativ hochwertig wahrgenommen werden. Deshalb könnten die Detailhändler in diesem Fall ausgewählte Printtitel in ihrem Mediamix aufgenommen haben.

Das Medienqualitätsrating analysiert und bewertet die Qualität von reichweitenstarken Informationsmedien aus der Deutschschweiz und der Suisse romandie.

Auch Studien wie MA Strategy Consumer 2020 haben ergeben, dass Print-Werbung als weniger störend empfunden wird als z.B. Werbung in mobilen Applikationen (Apps auf Smartphone/Tablet). Dennoch gibt es auch in der Online-Werbung prüfenswerte Angebote wie beispielsweise Advertorials.

Gerne erarbeiten wir für Dich, auch in solchen aussergewöhnlichen Situationen, eine massgeschneiderte Mediastrategie und finden den passenden Mediamix, damit Du mit uns die definierten Kampagnenziele möglichst effizient erreichst.

Quellen:

  • Rosenthal, R., & Jacobson, L. (1968). Pygmalion in the classroom. The urban review, 3, 16-20.
  • Worchel, S., Lee, J., & Adewole, A. (1975). Effects of supply and demand on ratings of object value. Journal of personality and social psychology, 32, 906-914.
  • Media Focus. (2021, February 02). Media Focus Werbemarkt Trend 2020. https://mediafocus.ch/publikationen/werbemarkt-trend-dezember-2020
  • Das Medienqualitätsrating 2020. (2021, February 02). MQR-20 – Medienqualitätsrating 2020. https://www.mqr-schweiz.ch/files/mqr/pdf/MQR-20.pdf
  • MA Strategy CONSUMER 2020. (2021, February 02). R05: Empfinden der Werbung, Zielgruppe ab 14+, Total Schweiz (33’794 Fälle = 6’814 Tsd.).