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Die Berner, die die Schweiz mit Pandemie-News versorgen

Sie sind verantwortlich für die Verbreitung der BAG-Kampagnen: Thorsten Winkler und Melissa Spycher von Mediaschneider Bern.

Foto: Nicole Philipp


Von der Matte in die Köpfe der Leute: Die kleine Agentur Mediaschneider Bern sorgt dafür, dass die Corona-Botschaften des BAG in die Schweizer Haushalte kommen.

«Neues Coronavirus – so schützen wir uns» – so nüchtern fing alles Ende Februar 2020 an. Danach begleiteten die Corona-Kampagnen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) die Schweiz durch jede einzelne Phase der Pandemie.

Kampagnen zu Händewaschen, Maskentragen, Tracing und Testen, zu Isolation und Quarantäne oder jüngst zum Impfen: Beinahe stroboskopisch reihten sich die bunten Bilder und Corona-Slogans des BAG aneinander. Sie wurden zu einer Art Daumenkino der Pandemie in der Schweiz.

Entworfen hat die Kampagnen des BAG die Kreativagentur Rod in Zürich. Doch die Köpfe, die dafür sorgten, dass die Botschaften den Weg zur Schweizer Bevölkerung fanden, sitzen in der Matte – es sind die Mitarbeitenden der Agentur Mediaschneider Bern.

Das Büro ist Teil der Mediaschneider-Gruppe, die neben Bern über Agenturen in Zürich und Basel verfügt und gegen hundert Mitarbeitende beschäftigt. Sechzehn sind es derzeit in Bern. Hauptsitz der Gruppe ist Zürich, doch sämtliche Agenturen betreuten eigene Kunden und planten für sich, sagt Co-Geschäftsführer Thorsten Winkler. «Wir entscheiden völlig frei.»

Und das mit Erfolg. Appenzeller Käse, die CSS-Versicherung oder lokale Kunden wie die Bank Valiant, Loeb und Felsenau-Bier: Die Berner Mediaagentur sorgt dafür, dass sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.


Der Anruf des BAG

Seit Frühjahr 2019 leiten Thorsten Winkler und Melissa Spycher die Berner Agentur an der Wasserwerkgasse. Das vergangene Jahr sei finanziell bislang das erfolgreichste gewesen, sagen die beiden. Der Erfolg hat auch mit dem Anruf des BAG zu tun – und mit den turbulenten Monaten, die folgten.


«Wir hatten keine Ahnung, was für eine Riesensache auf uns zukommt.»
Thorsten Winkler, Mediaschneider Bern


Nachdem sie fürs BAG bereits die Smokefree- und eine Organspendenkampagne umgesetzt hatten, waren beide zunächst nicht besonders erstaunt, als das Bundesamt erneut anrief. «Doch hatten wir keine Ahnung, was für eine Riesensache auf uns zukommt», erinnert sich Thorsten Winkler. Ausgegangen seien sie von etwa zwei bis drei Kampagnen fürs BAG. Geworden sind es 21 – und das nur im vergangenen Jahr. Im laufenden kamen bislang weitere vier dazu.

Bei Kampagnen sind die Berner nicht für die Idee zuständig, sondern für die Verbreitung. «Wir sind dafür verantwortlich, dass man die Botschaft zu sehen und zu hören bekommt», sagt Melissa Spycher.



Melissa Spycher stiess vom SRG-Vermarkter Admeira zu Mediaschneider.

Foto: Nicole Philippe



Zur besseren Verständlichkeit bemüht Thorsten Winkler das Bild eines Gehirns. «Als Mediaagentur sind wir die linke Gehirnhälfte. Wir sind für Logik, für Daten und Zahlen, für alles Rationale verantwortlich», sagt er. Fast alles drehe sich um die Frage, wie man mit dem vorgegebenen Budget die Zielgruppe des Kunden am besten mit der Botschaft erreiche.


Neue Kampagne in zwei Tagen

Neu waren für das Führungsduo der enorme Zeitdruck und der Arbeitsaufwand. «Seit letztem März haben mindestens 6 Personen Tag und Nacht nur noch an BAG-Kampagnen gearbeitet», sagt Melissa Spycher. «Die Vorlaufzeit war immer extrem kurz», fügt Thorsten Winkler hinzu. Manchmal hätten sie am Freitagmittag von den neuesten Entscheiden des Bundesrats erfahren. Und am Sonntag drauf hätten sie diese schon mit den ersten Anzeigen herausgebracht. «Das hinzukriegen, war die grosse Herausforderung der vergangenen Monate», sagt er.

Eine weitere Herausforderung hätten die ständigen Verschiebungen mit sich gebracht. Viermal hätten sie etwa eine bereits eingeplante TV-Kampagne anpassen müssen, sei es, weil der Bundesrat mit gewissen Entscheiden noch zuwarten wollte oder weil der Impfstoff fehlte. Spycher: «Wir konnten ja schlecht mit einer Kampagne die Leute zum Impfen ermutigen, als es noch keine oder kaum Impftermine gab.»


Schwieriges Timing: Mehrmals musste Mediaschneider Bern die BAG-Impfkampagne verschieben.

Plakat: BAG


TV für Ältere, Tiktok für Junge

Was allen BAG-Kampagnen gemeinsam war: «Wir mussten jeweils möglichst die gesamte Bevölkerung der Schweiz erreichen», erzählt Melissa Spycher. Um das zu erreichen, setzte die Berner Agentur auf einen bunten Medienmix.

Ältere und vulnerable Personen? «Erreicht man immer noch am besten über das Fernsehen, vor allem über die öffentlich-rechtlichen Sender», so das Führungsduo. Bei Pendlern und Jüngeren setze man stärker auf Plakate und Online-Videokampagnen. Teenager? «Snapchat und Tiktok», antworten Spycher und Winkler gleichzeitig. Bei jungen Männern komme zudem das Streaming-Videoportal Twitch dazu, das vor allem zur Übertragung von Videospielen genutzt werde.


Blickt auf ein hektisches Jahr zurück: Thorsten Winkler von Mediaschneider Bern.

Foto: Nicole Philipp


Mitentscheidend für die Wahl der Werbeplattform ist indes auch das Portemonnaie des Kunden. «Je nach Budget fallen gewisse Medien, wie TV, weg», sagt Melissa Spycher, die zuvor bei Admeira, der TV-Vermarktungsfirma der SRG gearbeitet hat. Ein 35-sekündiger Werbespot, am liebsten noch vor «SRF Meteo», könne gut einmal 20’000 Franken kosten.

Doch was die BAG-Kampagnen angeht, so hätten Auswertungen gezeigt: Der Mix habe funktioniert. Die Botschaften seien rübergekommen, sagt Thorsten Winkler. Allerdings auch, weil die Verlage und Vermarkter dem BAG bei den Konditionen sehr entgegengekommen seien. Konkret habe das Bundesamt 2020 insgesamt knapp 12 Millionen Franken für Werbung bezahlt. «Der effektive Werbewert war 31 Millionen Franken, fast dreimal so hoch», so Winkler.


Zurück zur Normalität

Trotz dem aktuellen Rückgang der Fallzahlen seien noch einige BAG-Kampagnen in diesem Jahr geplant. Doch rechnet die Doppelspitze der Berner Mediaagentur mit einer deutlich niedrigeren Frequenz als noch im letzten Jahr. Für ein weiteres Daumenkino dürfte es kaum reichen. «Die Tendenz in Sachen Corona geht in die richtige Richtung. Wir werden keine 21 BAG-Kampagnen mehr sehen», ist sich Thorsten Winkler sicher. Zum Glück, wie er findet – trotz der lukrativen Aufträge für die Agentur.

Co-Geschäftsführerin Melissa Spycher bringt es auf den Punkt: «Wie alle anderen in der Schweiz freuen wir uns darauf, wenn Corona in den Hintergrund tritt und wir uns wieder vermehrt anderen Themen widmen können.»


Benjamin Bitoun

Publiziert: 11.06.2021, 09:19
© Nicole Philipp / Berner Zeitung